8. Wiener Nightlife

Wiener Nightlife | Foto: © nhtg - Fotolia.com
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Am Abend traf ich mich mit Wolfgang und seiner Freundin Monika. Beide kannte ich aus dem Ö3 Chat, chatten war damals noch etwas Besonderes. Sie waren ungefähr zehn Jahre älter als ich. Wir konnten sehr viel miteinander lachen und hatten ausgemacht, dass wir den Abend in einer Cocktailbar starten würden.

Wolfgang besitzt ein Kaffeehaus und ist naturgemäß sehr trinkfest. Ich ahnte schon, dass er versuchen würde, mich steirische Niete unter den Tisch zu trinken. Aber ich wandte meinen Geheimtrick an.

Vom Prinzip her muss man verhindern, dass zuviel Alkohol durch die Magenschleimhaut ins Blut kommt. Also muss man etwas essen, was die Magenwand schön auskleidet. Ich aß mittags Schweinsbraten mit Knödeln. Vor dem Weggehen machte ich mir eine Eierspeise, die ich mit Kernöl und Speck zubereitete. Kernöl ist ein steirisches Salatöl, das aus Kürbiskernen gewonnen wird. Diese „Kernöl-Schmölzi“ – so das Fachwort – wirken immer Wunder.

Wir trafen uns im Lokal „Wolke“. Wolfgang bestellte gleich den Cocktail „Zombie“ für mich und ihn. Schon das Wort „Zombie“ hörte sich schlimm an, aber der Inhalt war noch viel schlimmer. Verschiedene hochprozentige Alkoholsorten gemischt mit einem Schuss Fruchtsaft. Vom Prinzip ähnlich aufgebaut wie ein „Long Island Icetea“.

Wolfgang kannte sogar jemanden aus Eibiswald. Und einer seiner Kellner kam auch aus der Gegend. Die Welt ist ein Dorf, stellten wir fest. Nach dem dritten „Zombie“ musste ich kurz austreten. Ich war erstaunt, dass mich der Alkohol noch gar nicht so stark angegriffen hatte. Aber er wirkte natürlich schon.

Wir erzählten uns den ganzen Abend lang Witze. Wir fingen bei der Kirche an.

Der Pfarrer merkt während des Kindergottesdienstes, dass das Mikrofon nicht funktioniert. „Mit dem Mikrofon stimmt etwas nicht“, sagt er. Brav antworten die Ministranten: „Und mit deinem Geiste.“

Eine Blondine wird von einem Polizisten aufgehalten. Der Polizist bittet sie um ihren Führerschein.

Blondine: „Was ist das?“

Polizist: „Na, Sie wissen schon, das, wo Ihr Bild drauf ist.“

Die Blondine sucht in ihrer Tasche und findet einen kleinen Spiegel. Sie nimmt ihn heraus und schaut hinein. Dann sagt sie: „Hier ist mein Bild drauf…“

Der Polizist nimmt den Spiegel, schaut hinein und sagt dann: „Oh, Entschuldigung, wenn ich gewusst hätte, dass Sie auch von der Polizei sind, hätte ich Sie natürlich nicht aufgehalten!“

Aber das harmlose Witz-Level hatten wir bald verlassen. Es ging dann gleich in einer raueren Tonart weiter.

Kommt eine Nonne zum Frauenarzt. Der will sie ein bisschen foppen. Er sagt zu ihr: „Sie sind schwanger!“ Vollkommen aufgelöst kehrt die Nonne zum Kloster zurück. Am Abend wird der Arzt doch reumütig und geht zum Kloster. Er will sich bei der Äbtissin entschuldigen. Aber die sagt zu ihm: „Jetzt ist’s schon zu spät, der Pfarrer hat sich schon aufgehängt.“

Wolfgang erzählte mir, dass er in der „Wolke“ immer den „Einstellungstest“ mache. Wenn bei ihm also ein neuer Kellner anfängt, dann muss er am ersten Tag 12 Stunden arbeiten. Nach Dienstschluss geht dann die ganze Belegschaft in die „Wolke“. Dort bekommt der Neue zwei „Zombies“, die er in einer halben Stunde trinken muss. Wenn er am nächsten Tag um 8:00 Uhr seinen Dienst anfängt, wird er eingestellt.

Wir wechselten das Lokal. Wolfgang zog mich auf: „Also, alten Omas den Arsch wischen, das ist doch super!“ „Ja, ganz sicher“, sagte ich mit einem zerknirschten Lächeln. Apropos Arsch. „Weißt du, was eine Blondine in der Früh mit ihrem Arsch macht?“ „Nein, was denn?“ „Sie streicht ihm zwei Butterbrote und schickt ihn zur Arbeit.“

Mittlerweile waren wir einigermaßen bedient. Es war schon fünf Uhr in der Früh, die blödeste Zeit. Um fünf Uhr machen die guten Lokale zu, aber die Frühstückslokale noch nicht auf. Und ans Nachhausegehen dachten wir noch lange nicht. Wolfgang hatte dann eine Idee, er organisierte ein Taxi. Er sagte, wir würden nun zu einem Lokal eines Freundes fahren, das hätte noch offen.

Das Lokal war relativ klein, hatte Plüschsessel. Eine sehr „offenherzige“ Bardame begrüßte uns. Erst als wir saßen, begriff ich, wo wir da gelandet waren. In einem Etablissement. Wolfgang bestellte eine Flasche Bacardi und eine paar Flaschen Cola zum Mischen. Er lud auch die Bardame und die beiden Damen, die noch Dienst hatten, zu unserem Tisch ein. Er machte ihnen gleich klar, dass wir nicht „geschäftlich“ hier waren.

Da um diese Uhrzeit sonst niemand mehr im Lokal war, kamen sie zu uns. Die eine war für mich wegen ihres Akzents Miss Russland, die andere Miss Oberwart, sie kam aus dem Burgenland, wie sie sagte. Wir tranken weiter. Und Miss Burgenland erzählte einen Kinderschänder-Witz nach dem anderen.

Zum Glück kann ich mich an die Witze nicht mehr erinnern, sie waren um einiges schlimmer. Um sieben Uhr reichte es dann der Bardame, sie warf uns raus. Aber nun hatte schon Wolfgangs Kaffeehaus offen, es war Zeit für ein Frühstück.

Nach einem „Reparatur Seidel“, einem doppelten Mokka, Ham und Eggs und Gebäck verabschiedete ich mich von den beiden. Ich fuhr nach Hause, wollte mich dort duschen und umziehen. Danach sollte es weiter gehen.

Wenn man in der Früh leicht betrunken ist, nimmt man die Stadt völlig anders wahr. Man sieht die ernsten, unausgeschlafenen Gesichter, die zur Arbeit gehen. Man ist selbst aber noch beschwingt und heiter. Die Ohren klingeln leicht, weil in den Lokalen zu laut Musik gespielt wurde. Die Geräusche der Stadt kommen nur langsam an, das Hirn braucht mehr Zeit, um z.B. eine Straßenbahn zu hören. Aber Betrunkene haben ja meist einen speziellen Schutzengel.

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