Endlich bin ich wieder einmal im Einkaufszentrum. Es sind sehr viele Leute unterwegs. Ich suche ein Reisebüro, ich brauche dringend Urlaub. Die Verkäuferin ist sehr nett. Sie empfiehlt mir eine Städtereise übers Wochenende nach London. Ich kaufe das Ticket und verlasse das Reisebüro.
Nächster Tag. Ich muss dringend zum Flughafen! Bin schon spät dran! Der Flieger geht doch schon in einer Stunde, und ich muss noch einchecken. Ach, diese Hektik! Ich laufe mit meinem Koffer zum Flugsteig, bin vollkommen außer Atem, komme gerade noch rechtzeitig hin.
Als ich ins Flugzeug einsteige, bemerke ich, dass es fast leer ist. Als ich sitze, kommt die Stewardess zu mir. Ich könne – falls ich wolle – beim Piloten im Cockpit sitzen, sagt sie zu mir. Das ginge heute, weil nicht so viel los ist. Das wollte ich doch schon immer einmal! Ins Cockpit! Ich gehe ins Cockpit, begrüße den Piloten, er grüßt auch freundlich. Ich setze mich hin, schnalle mich an.
Ich denke mir, dass das auch nichts anderes ist, als Beifahrer im Auto. Das Flugzeug hebt ab, tolles Gefühl. Ich sehe die Landschaft. Ich merke aber, dass das Flugzeug nach Süden fliegt. Und London ist ja nordwestlich von uns aus gesehen. Aber es wird schon seine Richtigkeit haben, vielleicht holen wir ja auch noch zusätzliche Passagiere ab.
Ich beobachte, wie wir eine achtspurige Autobahn überfliegen. Seltsam, auf der Autobahn sind Ampeln angebracht, auf Brückenköpfen. So etwas Blödes, denke ich mir, die lassen sich auch immer etwas Neues einfallen, damit der Verkehr behindert wird. Ampeln auf der Autobahn!
Und plötzlich schalten alle Ampeln von grün auf rot. Ich sehe ein rotes Ampelmeer vom Flugzeug aus. Der Pilot sagt zu mir, dass er jetzt landen müsse, weil ja die Ampeln alle rot sind. Das Flugzeug landet auf der voll befahrenen Autobahn. Dahinter bremsen Autos ab, bei der Landung passiert nichts, nur ein paar Auffahrunfälle hinter uns, die verlaufen glimpflich. Die Autobahn wird gesperrt, es kommt die Feuerwehr.
Ich stehe verlassen auf der Autobahn da, wollte nach London und weiß nicht, was ich tun soll. Da kommt die Feuerwehrfrau Maria. Sie hat einen großen Feuerwehrschlauch in der Hand und löscht gerade ein Feuer auf der Autobahn. Sie schimpft mit mir. Ich wäre für das ganze Schlamassel verantwortlich! Ein Flugzeug blockiert die Autobahn! Was sie nur mit mir machen solle!
Sie bringt mich dann mit ihrem Feuerwehrauto nach Hause.
***
Der Zivildienst und die Geschichte mit Maria nagte an meinen Nerven, ich könnte tatsächlich Urlaub vertragen. Mittlerweile habe ich mir selber ein paar Traumbücher gekauft. Es gibt die verschiedensten „Traumschulen“ und Ansätze, wie man die Träume interpretieren kann. Am besten ist die Schule, die einem am besten gefällt. Denn im Grunde haben alle recht bzw. unrecht und man wird immer nur selbst den eigenen Traum richtig verstehen können.
Wenn man im Traum einkaufen geht, könnte das einen heimlichen Wunsch im zwischenmenschlichen Bereich ausdrücken, das wird wohl Maria sein. Das Flugzeug bedeutet, dass man sich über den Alltag erheben will, zu neuen Zielen aufbrechen möchte. Doch die Ampel schaltet auf Rot, etwas blockiert das Vorhaben, man wird zur Landung gezwungen. Die Feuerwehr symbolisiert die Selbstbeherrschung, mit Begierden und Leidenschaften richtig umzugehen.
Das war die Traumtheorie.
In der „Praxis“ hatte ich ein relativ schlechtes Gewissen, weil ich Walter bei Maria in die Quere gekommen bin. Sollte ich es ihm sagen? Wusste er es schon? Hatte sie es ihm gesagt? Sollte ich es ihm sagen? Aber wozu? Nur, weil es sich gehört? In der Liebe und im Krieg sind doch alle Mittel erlaubt? Ach was, er würde schon selbst darauf kommen. Aber sollte ich eine Freundschaft wegen einer Frau aufs Spiel setzen? Wer weiß, ob sie überhaupt eine Beziehung will? Will ich überhaupt eine Beziehung?
Ich stellte alles in Frage, war hin und her gerissen. Tage vergingen.
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