Ich traf mich damals häufig mit Walter. Walter war ein paar Jahre älter als ich, ich hatte ihn im Café Krainer kennen gelernt. Er ist ein Technik und Computer Freak. Ich führte mit ihm gerne lange und ausführliche Diskussionen. Ein Ziel vereinte uns: Wir suchten beide die Traumfrau.
Nach dem Begräbnis von Albert saß ich bei einem Kaffee mit Walter zusammen. Mir fiel meine alte Bankraubgeschichte mit dem Panzer wieder ein, von der ich ihm erzählte. Er fand sie ganz interessant, aber das Ziel sei ihm nicht ganz klar, sagte er.
Wenn man nämlich mit einem Panzer die Bank verwüstet, kommt man nicht mehr rechtzeitig zum Tresor, um die Beute zu rauben. Und man brauche ja schließlich auch keinen Panzer, um eine Bank zu verwüsten. Eine Gasexplosion oder ein bisschen Sprengstoff C4 genügen vollkommen. Und das wäre wesentlich einfacher aufzutreiben, als ein Panzer. Wenn man schon etwas fürs Ego brauchen würde, dann könne man ja eine Panzerfaust verwenden, die günstig in Ungarn aufzutreiben wäre.
Das sah ich ein. Aber ich hatte eine neue Idee. Der Panzer solle nur als Ablenkungsmanöver dienen, erklärte ich. Bevor man nämlich mit dem Panzer angreift, gräbt man einen Tunnel zur Bank. Wenn man mit dem Tunnel bei der Bank sei, greift oben der Panzer an, vernichtet alles, und niemand kommt auf die Idee, dass unten die Bank über den Tunnel seelenruhig ausgeräumt würde.
Walter meinte, dass ich doch einen Businessplan für die Idee erstellen sollte. Dann würde ich nämlich sofort darauf kommen, dass sich das nicht rechnen könne. Den Panzer organisieren, den Tunnel graben, mindestens fünf Leute auftreiben, die mitmachen und den Mund halten können sei teuer. Beamte bestechen und den Bauplan der Bank kopieren, ebenfalls. Möglicherweise noch einen Bankmitarbeiter schmieren, damit man einen Tag erwische, an dem viel Geld gelagert wird. Das sind Kosten über Kosten. Und wenn dann der Panzer daneben schießt oder der Tresorraum einstürzt, dann wäre das ganze Unternehmen ja umsonst.
Nun, mein Ansatz wäre also völlig falsch. Physische Raubzüge seien heutzutage überhaupt viel zu teuer, meinte Walter. Virtuelle Raubzüge seien in, sagte er. Man müsste die Leute im Internet bestehlen, das wäre viel einfacher und ginge auch viel schneller. Und man müsse es natürlich so durchführen, dass es legal aussieht.
Wie er das denn machen wollte, fragte ich ihn. Er hätte noch keine Idee, sagte er. Aber er würde darüber nachdenken.
***
Beim Thema „Frau“ hatte Walter so seine eigenen Ansichten. Am liebsten wäre er selbst gern eine hübsche Frau gewesen. Dann würde er sicher die größte Schlampe von hier bis Texas gewesen sein, sagte er. Ich zog ihn auf und meinte, dass er ja nur Frauenkleider anziehen müsste. Für den Rest brauchte man nur mehr einen Rasierapparat und ein bisschen Vorstellungsvermögen, fertig.
Bei Liebesdingen dachte Walter streng logisch. Er war zum Beispiel der Meinung, dass es völlig unnötig wäre, bei einem Flirt nach der Telefonnummer zu fragen. Warum etwas verschieben, was man heute noch machen könnte? Man will die Frau ja nicht anrufen, sondern mit ihr schlafen!
Er fragte mich, wie oft ich denn mit einer Frau im Bett war, deren Telefonnummer ich beim ersten Flirt bekommen hatte. Ich überlegte kurz und antwortete, dass das bei mir sowieso noch nie funktioniert hätte, das mit der Telefonnummer.
Wir überlegten weiter. Nein, niemals nach einer Telefonnummer fragen und sie dann alleine nach Hause gehen lassen. Dann hat sie ja tagelang Zeit, vernünftig darüber nachzudenken, warum sie mit einem doch nicht ins Bett will.
Auch die Statistik sprach total dagegen. Was passiert, wenn man nach der Nummer der Frau fragt? 11% der Männer sind einfach zu betrunken und verlieren die Nummer. 32% der Frauen wollen mit dir nicht einmal reden. 26% wollen irgendwann einmal etwas machen, aber das wird alles nichts. 19% der Männer sind danach einfach zu schüchtern, um wirklich anzurufen. Und nur 12% machen wirklich etwas zusammen.
„Das muss man sich einmal vorstellen! Da muss man 10 Frauen anquatschen UND deren Nummern bekommen und EINE macht dann was mit dir“, war Walter in seinem Element.
„Und während sie dann auf deinen Anruf wartet, spielen auch noch so wahnsinnig viele Faktoren mit. Mag sie dich überhaupt? Rufst Du zur richtigen Zeit an? Kann sie sich überhaupt an dich erinnern? Haben ihre Freunde etwas über dich gesagt? Will sie wirklich ausgehen? Ist sie wirklich solo?
Und dann hast du endlich das Date mit ihr und führst sie aus. Bei 34% läuft die Verabredung gleich schlecht, du verstehst dich mit ihr einfach nicht oder umgekehrt. 27% der Dates laufen zwar gut, aber es kommt nur zu Küssen im Auto. Und 19% kommen im Auto zur zweiten Ebene.“
„Zweite Ebene?“ fragte ich.
„Ja, Du weißt schon, unteres Stockwerk bei ihr. Dort ein bisschen herumfummeln. 9% laden dich nach Hause ein, die wollen aber trotzdem keinen Sex. Und nur 11% wollen Sex. Also die Statistik spricht dagegen. Da musst du 1.000 Frauen fragen, dann bekommst du 100 Telefonnummern, mit 10 Frauen kannst Du ausgehen, und mit einer einzigen kannst du dann schlafen. Sehr schlechte Ausbeute. Also alle drei Jahre Sex mit einer Frau, wenn du täglich eine Telefonnummer bekommst.“
„Ja, ja“, sagte ich.
„Umgekehrt wäre es sogar noch schlimmer“, dachte Walter weiter.
„Was, umgekehrt?“ fragte ich.
„Wenn sie deine Nummer haben will. Ich meine, Frauen machen keinen ersten Anruf, niemals. Die sind einfach mental gar nicht darauf vorbereitet. Was wird passieren, wenn du deine Nummer einer Frau gibst? 12% verlieren die Nummer sofort, 87% werden niemals anrufen und nur 1% wird dich anrufen. Und was wird das für eine Frau sein? Die ist sicher seltsam. Also, wenn du 100 Frauen deine Nummer gegeben hast, ruft dich eine vielleicht an“, sagte Walter.
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